Montag, 20. April 2015

Realismus im Birnbaum


Realismus im Buch „Unterm Birnbaum“


Da Bauern und Arbeit als Protagonisten eingesetzt werden, kann man hier von einem „Bürgerlichen Realismus“ sprechen. Aber auch angesehenere Personen spielen in der Geschichte eine Rolle, sodass Bezug auf die Ständeordnung genommen wird. Es werden Themen aus dem Alltag aufgegriffen. Die Erzählung klingt realistisch und plausibel, sodass sie tatsächlich stattgefunden haben könnte. Die Sprache der Figuren ist einfach und dialektal gefärbt. Typisch für die Epoche wird die Wirklichkeit auf der einen Seite detailliert dargestellt, während sie andererseits symbolische Bedeutung trägt, indem sich in der Schilderung des Hauses das Verhältnis der Protagonisten widerspiegelt.

„[…]  Und nun klapperte der Wagen nach rechts hin den Fahrweg hinunter, erst auf das Bauer Orthsche Gehöft samt seiner Windmühle (womit das Dorf nach der Frankfurter Seite hin abschloss) und dann auf die weiter draußen am Oderbruchdamm gelegene Ölmühle zu. Hradscheck sah dem Wagen nach, bis er verschwunden war, und trat nun erst in den Hausflur zurück. Dieser war breit und tief und teilte sich in zwei Hälften, die durch ein paar Holzsäulen und zwei dazwischen angespannte Hängematten voneinander getrennt waren. Nur in der Mitte hatte man einen Durchgang gelassen. An dem Vorflur lag nach rechts hin das Wohnzimmer, zu dem eine Stufe hinaufführte, nach links hin aber der Laden, in den man durch ein großes, fast die halbe Wand einnehmendes Schiebefenster hineinsehen konnte. Früher war hier die Verkaufsstelle gewesen, bis sich die zum Vornehmtun geneigte Frau Hradscheck das Herumtrampeln auf ihrem Flur verbeten und auf Durchbruch einer richtigen Ladentür, also von der Straße her, gedrungen hatte. Seitdem zeigte dieser Vorflur eine gewisse Herrschaftlichkeit, während der nach dem Garten hinausführende Hinterflur ganz dem Geschäft gehörte. Säcke, Zitronen und Apfelsinenkisten standen hier an der einen  Wand entlang, während an der andern übereinander geschichtete Fässer lagen, Ölfässer, deren stattliche Reihe nur durch eine zum Keller hinunterführende Falltür unterbrochen war. Ein sorglich vorgelegter Keil hielt nach rechts und links hin die Fässer in Ordnung, sodass die untere Reihe durch den Druck der oben aufliegenden nicht ins Rollen kommen konnte. […]„
S.3-4


Der Flur im Haus der Familie Hradscheck wird detailliert beschrieben und der Leser bekommt damit einen genauen Einblick in ihr Leben. Auffällig ist, dass der Flur in zwei Hälften geteilt ist – Vorflur und Hinterflur – und durch zwei angespannte Hängematten getrennt. Der Vorflur wirkt ordentlich und sauber, was das Leben und die Einstellung von Frau Ursel Hradscheck widerspiegelt. In Wirklichkeit aber stellt der hintere Bereich eine bessere Verbindung zum Leben der Eheleute dar. In diesem Teil liegen Fässer und Kästen (Ölfässer, Zitronen- und Apfelsinenkästen) ungeordnet. Die Beziehung der beiden ist „mehr Schein als Sein“. Ursel H. erhofft sich mehr als nur das bürgerliche Leben und möchte einen besseren Lebensstandard genießen, wohingegen Abel Hradscheck mit seinen Lebensumständen zufrieden ist. Der hintere Teil des Flures steht für Abels Arbeitsalltag und steht im Kontrast zur vorderen Hälfte, in der sich Vornehmtun manifestiert.

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