„Unterm Birnbaum“ – Ein klassischer Kriminalroman?!
Kriminalromane sind doch alle
ähnlich. Ein Mord, ein Toter. Ein Detektiv, der vor einem großen Rätsel steht.
Dann, eine plötzliche Wendung, ein Fehler von Seiten des Täters, und die Sache
kommt ins Rollen. Nach und nach kann der Detektiv Einzelheiten über die Tat
herausfinden, bis er genug Beweise hat, um den Mörder schlussendlich zu
überführen. Spannend müssen sie sein, sodass man als Leser mit dem Detektiv
mitfiebern kann, und möglichst lange soll unklar bleiben, wer denn der Täter
war. Überraschende Wendungen sind dabei sehr wichtig, um den Leser am Ball zu
halten.
Bei Theodor Fontanes Werk „Unterm
Birnbaum“ dagegen sucht man nach einem Detektiv in der Rolle des Protagonisten
lange. Denn hier steht der Täter im Vordergrund, nicht etwa die Tat selbst. Vielmehr
wird ein Psychogramm des Töters erstellt, der Roman gibt Einsicht in sein
Seelenleben, in Gefühle und Gedanken, vor, während und nach der Tat. So erfährt
man, dass Hradscheck mit seiner Schuld scheinbar recht gut umzugehen vermag, letztendlich
jedoch trotzdem von Unsicherheit und Aberglauben verfolgt wird, bis er
selbstverschuldet für seine Tat mit dem Tod bezahlt, während seine Frau von
ihrem Gewissen geplagt erkrankt und schließlich stirbt, unfähig, das Geschehene
zu verarbeiten und mit der Schuld umzugehen. Somit zeigt „Unterm Birnbaum“ sehr
gut, wie das Verbrechen die einzelnen Charaktere bewegt und verändert, es
begleitet den psychologischen Prozess der handelnden Personen.
Von Anfang an bestehen wenig
Zweifel daran, wer der Mörder ist und was geschehen ist, denn schon in den
ersten Seiten des Romans lassen sich Anspielungen auf das spätere Geschehen
finden. So wird zum Beispiel das keilförmige Holzbrett, welches Hradscheck
letztendlich zum Verhängnis wird, gleich zu Beginn erwähnt und beschrieben.
Wir kommen zu dem Schluss, dass „Unterm
Birnbaum“ also kein reiner, klassischer Kriminalroman ist, was auch gar nicht die
Intention des Autors war. Fontanes Ziel war es vielmehr, die psychologischen
Vorgänge und Gepflogenheiten der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu
beleuchten und zu analysieren, und anhand dessen Kritik an dieser Gesellschaft
zu üben.
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